Am 08. Februar wollten in unserer Schwesterstadt Ludwigshafen rechte Hooligans des Vereins „Gemeinsam stark Deutschland e.V.“ eine Demonstration durchführen. Der Verein in Gründung, ein Abspaltung der Hogesa (Hooligans gegen Salafisten), wollte am Jahrestag der ersten Demonstrationen von Hooligans gegen den salafistischen Prediger Pierre Vogel in Mönchengladbach, unter positiver Bezugnahme auf die rassistischen Hogesa-Krawalle kurz darauf in Mannheim, eine Machtdemonstration ihrer Bewegung in Ludwigshafen vollziehen.
Dies misslang gründlich!
Schon im Vorfeld wurde die Mobilisierung der Hooligans durch das begrüßenswerte Verbot der Demonstration durch die Stadt Ludwigshafen gestört. Nachdem dann, in einer juristischen Auseinandersetzung das Oberverwaltungsgericht Koblenz der Stadt Ludwigshafen das Demonstrationsverbot bestätigte, blieb den gewaltbereiten Hooligans und Nazis lediglich eine stationäre Kundgebung am ohnehin unattraktiven Ludwigshafener Hauptbahnhof. Auch der Auftritt der Nazi-Band „Kategorie C“ blieb verboten.
Die Demonstration von Mannheim gegen Rechts, so hatten wir uns im Bündnis beim letzten Plenumstreffen verständigt, war einerseits Ausdruck der Solidarität und Unterstützung mit den antirassistischen Gegenprotesten in Ludwigshafen – wie dem Bürgerfest am Theaterplatz und den weiteren Kundgebungen – andererseits wollten wir allen Mannheimer*innen und allen Menschen aus der Region eine sichere Möglichkeit bieten, nach Ludwigshafen zu kommen, da immer damit zu rechnen ist, dass Hooligans und Nazis mit Gewalt gegen Antifaschist*innen vorgehen.
Dieses Ziel verfolgten mit uns 700 Menschen, dies werten wir als Erfolg unserer Mobilisierung.
In Ludwigshafen wurde der Demonstrationszug aus Mannheim vor dem Ludwigshafener Gewerkschaftshaus begeistert empfangen und es schlossen sich der Demonstration ca. 120 Kolleg*innen vom Netzwerk gegen rechte Gewalt und Rassismus Ludwigshafen-Vorderpfalz an, die mit uns gemeinsam die letzten Meter durch die Kaiser-Wilhelm-Straße zum Theaterplatz gingen, wo unsere Demonstration endete und in das dort stattfindende Bürgerfest „LU bunt statt braun“ überging. Zu jeder Zeit stand die Demonstrationsleitung von „Mannheim gegen Rechts“ in Kontakt mit der die Demonstration begleitenden Polizeiführung, ohne dass es im Verlauf der Veranstaltung zu irgendwelchen Konfrontationen gekommen wäre.
Einige Teilnehmer*innen der Demonstration wollten ihre Ablehnung gegen Rassismus und Neonazismus nicht aus der Ferne bei einem Bürgerfest kundtun, sondern sich in Hör- und Sichtweite den Hooligans entgegenstellen. Entgegen einiger Kommentare und Darstellungen, die vermuten lassen eine Menge (je nach Bericht zwischen 100 und 200) „gewaltbereite Linksautonome“ seien „los gestürmt“, waren – wie man uns später berichtete – unter denjenigen, die sich näher an die Kundgebung der Hooligans und Nazis bewegen wollten, viele junge Menschen aus völlig unterschiedlichen politischen Gruppen und Parteien.
Die Forderung, in Hör- und Sichtweite der Nazis, RassistInnen und FaschistInnen zu demonstrieren, gehört auch in Mannheim und in vielen anderen Städten zur Praxis im Widerstand gegen Nazis und RassistInnen. Bisher gab es in Mannheim keine Probleme, mit der Ordnungsbehörde und der Polizei solche Orte auszuhandeln. Auch Blockaden von Aufmärschen der Nazis konnten in Mannheim mit breiter gesellschaftlicher Beteiligung gemeinsam gelingen. Zum Beispiel blockierten am 16. Februar 2013 viele Menschen den Zugang der Nazis auf dem Alten Messplatz zu ihrem Kundgebungs-Käfig. Am Ende der Protestaktion lobte der Einsatzleiter der Polizei das friedliche und besonnene Verhalten der Nazi-Gegner*innen. Am 1. Mai 2012 zogen im Anschluss an eine Demonstration tausende Menschen durch die Straßen Neckaraus in Richtung der NPD-Kundgebung und äußerten lautstark ihren Protest, ohne dass es dabei zu Problemen mit der Polizei kam.
Aus Ludwigshafen wurde uns berichtet, dass vor allem junge Menschen festgenommen wurden, während ältere Demonstrant*innen leichter in Richtung Hauptbahnhof kamen und es dort durchaus möglich war, antirassistischen Protest in Sicht- und Hörweite der Hooligans zu äußern. Einem Großteil der Festgenommenen werden nicht Gewalttaten, sondern der Aufenthalt in Bahnhofsnähe, abseits der genehmigten Kundgebungsorte vorgeworfen.
Wir halten den Wunsch, sich rassistischen Aufmärschen direkt und lautstark entgegenzustellen für ebenso wichtig und berechtigt , wie sich einem Bürgerfest anzuschließen – konfrontativ und vielfältig im Dagegensein, aber gewaltfrei. Darin besteht ein Grundkonsens im Bündnis Mannheim gegen Rechts.
Mannheim gegen Rechts
Orga-Team
11.02.2015
Wir bitten um Beachtung, dass es sich hierbei um eine Stellungnahme des Organisationsteams von Mannheim gegen Rechts handelt. Wir sind ein breites Bündnis, in dem viele verschiedene Meinungen, politische Strategien und Einschätzungen ihren Platz haben. Eine gemeinsame Stellungnahme aller Bündnisgruppen ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, da die Abstimmung über Inhalte und Einschätzungen in einem basisdemokratisch organisierten Bündnis längere Zeit in Anspruch nehmen wird.