arisieren – verschweigen – stiften: Der rechtschaffene Kaufmann Heinrich Vetter

09.05.2012, 19:00 Uhr, Jugendkulturzentrum FORUM
veranstaltet von: AK Justiz Mannheim

Szenen einer Auseinandersetzung
Man begegnet dem Namen Heinrich Vetter oft in Mannheim: überall sind Örtlichkeiten nach ihm benannt, werden Auszeichnungen in seinem Namen verliehen. Er war ein großer Mäzen, die Heinrich-Vetter-Stiftung wirkt in diesem Sinne weiter.
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Unerwartet trafen wir vom „AK-Justiz“ vor sieben Jahren auf den Namen Vetter bei der Ausstellung zum Thema „Arisierung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs“. Die „Verwertungsstelle Volksfeindliches Vermögen“, bei der Güter aus jüdischen Haushalten und Umzugskisten öffentlich verkauft wurden, hatte gegen Ende des zweiten Weltkrieges im Kaufhaus Vetter eine Fläche von 1.100 qm gemietet.
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Unsere weiteren Nachforschungen aus allgemein zugänglichen Quellen förderten immer mehr Fakten zutage: Große Teile des Vermögens der Familie Vetter sind durch Arisierungen zustande gekommen. Die Expansion des Kaufhauses Vetter lief vielfach auf Kosten jüdischer Unternehmer. Heinrich Vetter trat 1933 nicht nur in das elterliche Geschäft ein, sondern auch in die NSDAP und in weitere NS-Organisationen, die sich durch antisemitische Aktionen hervortaten. Er war bis zu seiner freiwilligen Meldung für die Wehrmacht bei Kriegsbeginn 1939 Geschäftsführer von drei arisierten Betrieben in Mannheim und Karlsruhe..
Die Causa Vetter war kein Einzelfall: In den sechs Jahren von 1933-1939 wurden die Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben verdrängt. In Mannheim gab es rund 2.700 Fälle von Grundstücken und Firmen, die „arisiert“ wurden. Diese gigantische Umverteilung fand auf gesetzlicher Grundlage und vor aller Augen statt, auch wenn nach dem Krieg sogenannte “Wiedergutmachungszahlungen” geleistet werden mussten. Nach 1945 und bis heute wurden diese Tatsachen verdrängt. Generell haben ehemalige Nutznießer der NS-Zeit alles dafür getan, dass ihre Verquickung mit dem NS-Regime in Vergessenheit geriet. Dieses Vertuschen auf der einen Seite hat seine Entsprechung im aktiven Wegsehen auf der anderen Seite.
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Das öffentliche Bild von Heinrich Vetter zeigt ihn als erfolgreichen und ehrenwerten Kaufmann, noblen Mäzen, Ehrendoktor der Universität und Ehrenbürger der Stadt Mannheim. Jetzt stellt sich
heraus, dass er und seine Chronisten seine persönliche NS-Geschichte und die Arisierungen systematisch verschwiegen haben. Das wirft Fragen auf.
Erinnern heißt: nicht schönreden, nicht vertuschen oder weg-
lassen; sondern die Vergangenheit aufarbeiten und anerkennen. Wir wollen mit dieser Veranstaltung erreichen, dass diese Auseinandersetzung beginnt.
Mehr als ein Vortrag: Ein inszenierter und bebilderter Wortwechsel.Ein inszenierter und bebilderter Wortwechsel.
akjm-Veranstaltungs-Flyer-9-5-2012