Szenische Lesung „Die Unfruchtbarmacher“

Zwangssterilisierungen im Nationalsozialismus in Mannheim
Wann: Montag, 12. April 2010, 19.30 Uhr
Wo: Sammlung Prinzhorn, Psychiatrische Universitätsklinik Heidelberg, Voßstr. 2, 69115 Heidelberg

Das vor 75 Jahren von der Hitler-Regierung erlassene “Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses” war das erste NS-Rassegesetz. Nach seinen Vorschriften wurden in Deutschland etwa 350.000 Menschen zwangssterilisiert. Mit juristisch und medizinisch getarnten Maßnahmen drangsalierte der NS-Staat alle Menschen, die er als “rassisch minderwertig” einstufte. Er ließ sie unfruchtbar machen, in Arbeits- und Konzentrationslager wegsperren, er wies sie aus und deportierte sie. Nach sieben Jahren hieß die sogenannte “Endlösung” Euthanasie und Massenmord. Die offizielle Begründung für die Zwangssterilisation reichten von Schwerhörigkeit, Epilepsie über Schizophrenie, Alkoholismus bis hin zu “asozial” und “moralischer Schwachsinn”.
Zu dem Thema hat der Arbeitskreis Justiz und Geschichte des Nationalsozialismus mit der Regisseurin Eva Martin-Schneider eine szenische Lesung erarbeitet. Die Lesung stützt sich auf Akten des Mannheimer Erbgesundheitsgerichts, die Verwaltungsakten der Krankenhäuser sowie auf die Spruchkammerverfahren der beteiligten Schreibtischtäter aus der Nachkriegszeit. Im Zentrum der Lesung stehen drei Schicksale, zwei Frauen – eine davon noch sehr jung, und ein Mann.
Bis heute ist das “Gesetzt zur Verhütung erbkranken Nachwuchses” nicht annulliert, es wurde 1974 lediglich außer Kraft gesetzt.

Zusätzlich: Führung durch die Kabinettausstellung – Bilder einer Zwangssterilisierung, Wilhelm Werner (1898 – 1940)
Der Autor der einzigartigen Bildserie lebte seit 1919 in der Anstalt Werneck. Der Überlieferung nach zeichnete er die Blätter zwischen 1934 und 1938 nach seiner Zwangssterilisierung. Die Erfahrung des entwürdigenden Eingriffs setzte er in beeindruckend phantasievolle und eigenständige Bilder um. Zwei Jahre später wurde Werner Opfer der NS-„Euthanasie“.